15 hoffentlich nicht quälende Fragen an Lektor Michael Krumm, Teil 2/2

Er ist jung, intelligent und hat mich eine Weile am Hals: Michael Krumm lektoriert live und manchmal auch in Farbe meinen Fantasy-Krimi „Die Tote in der Tränenburg“ für den Verlag „ALEA LIBRIS“. Grund genug, ihm mal ein paar Löcher in den Bauch zu fragen. 🙂

Teil 1 des Interviews findet Ihr hier: *KLICK*


10. Angenommen, ich würde nicht zuhören und Du könntest Dich mal nach Herzenslust über mich und/oder meine Schreibe/Rechtschreibung beschweren …?

Tatsächlich gibt es da nicht so viel. Vom Schreiben her kann ich mich nicht beschweren. Bei der Rechtschreibung denk ich mir immer: „AH, da kommt ein Doppelpunkt. Na, ist der Satzanfang danach groß?“ Aber ich nehme das immer mit Humor und das gehört zu der Arbeit dazu.
😀 Tatsächlich ist das nicht meine Schuld. Ich hatte das IMMER richtig gemacht, wurde aber von vermeintlich Besserwissenden immer „falschkorrigiert“. Aber danke, ab jetzt werde ich bei jedem Doppelpunkt an Dein Grinsen denken!
Hehe ;P Siehe oben ;P

Ein guter Lektor weiß, wie er das Geschriebene „seines“ Autors kritisiert, ohne ihn zu demotivieren.

11. Womit kann man einen Lektor glücklich machen?
Gute Frage. Mit vielem, aber vor allem mit einem gutem Text. Also, wo man nicht am Anfang denkt: „Ohje“. Das hatte ich bisher noch nicht, aber ich weiß, dass es das gibt. Dann natürlich eine klare Struktur im Text und keine Sätze, wo man dreitausend mal lesen muss. Selbiges wie davor, klar, ich lese manchmal manche Sätze mehrfach, aber es ist nicht so schlimm, dass ich mir den Kopf kratzen muss und denke, dass der Autor den Humanistischen Brief Heideggers nachmachen will. Wer das jemals lesen musste, weiß, was ich meine. Wer es nicht gelesen hat, tu es dir nicht an, außer es ist notwendig. Achja, und das ein oder andere Lob ist immer willkommen, man ist ja auch nur ein Mensch.
Ich finde, dass Du ein ganz wunderbarer Lektor bist! 🙂
Man dankt ;P

12. Stell Dir vor, wir würden nicht 2019, sondern 1969 leben. Würdest Du dann dennoch lektorieren wollen?
Hmm, an sich ja, die Frage wäre natürlich, was das für Texte wären. UND, was sonst noch passieren würde, wo ich stehen würde und und und. Aber prinzipiell würde ich es natürlich nicht ablehnen.

Lesen wirkt sich positiv auf die Rechtschreibung aus.

Aber Dir ist schon klar, dass wir das dann postalisch machen müssten? Oder oder per Telefon (kennst Du überhaupt noch Telefonzellen? 😀 )? Oder – so habe ich gehört – indem wir uns zusammen ein Wochenende lang irgendwo in einem Hotel treffen? Oh, und mit Schreibmaschine und so?
Ja, aber da würde sich es eher anbieten alles zu lektorieren und nicht nur kapitelweise. Ja, ich kenn noch die guten, alten Telefonzellen. Ich finde, dass das auch wieder etwas hat. Natürlich ist es einfacher via Whatsapp und Email zu kommunizieren, aber es wäre einfach ein anderes Format dann und vielleicht auch ganz lustig so. Vor allem hat man die Vorfreude zu erfahren, wie dann der Autor auf die Kommentare/Korrekturen reagiert noch mehr.

13. Gibt es einen „Lektorenstolz“?
Wenn es einen Autorenstolz gibt, dann definitiv ja. Man ist zwar nicht geistiger Eigentümer der Geschichte, aber, wenn man die Geschichte mag, und darauf stolz ist, dass es veröffentlicht wurde und es gut ankam, dann definitiv ja. Denn man hat mitgearbeitet um den Text, den der Autor veröffentlicht hat, zu dem zu machen, was er dann ist.
Bei Lektorieren selber auch, denn wenn man eine Stelle hat, wo man ewig diskutiert und beide Seiten etwas störrisch sind mit guten Argumenten in der Diskussion und man findet dann eine Lösung, mit der beide zufrieden sind. Das erfüllt einen schon mit Stolz. Und mit Erleichterung ;P

Das rechts ist ein Ingwer. ^^

14. Hast Du Dich schon mental für den Tag gewappnet, an dem Du in einer Printausgabe ein Fehlerchen entdeckst, das Dir durchgeflutscht ist?
Ja, ich werde mir denken: Ach Mist! Aber genauso werde ich denken, dass das ganz normal ist, weil man ist nur ein Mensch. Und selbst wenn zwei oder mehr Personen über den Text schauen, so wird man immer irgendwo einen Fehler finden. So ging es mir vor kurzer Zeit, als ich „Warrior & Peace – Göttliches Blut“ für ein Reading von mehr als 300 Seiten auf 50 Seiten Skript gekürzt habe. Also von 380(?) auf effektiv 40. Selbst mit meinen Schauspielern und trotz nochmaliger Anpassung durch einen davon, haben wir am Ende gemerkt, dass da noch ein paar Stellen waren, die man hätte umschreiben können und Fehler hätte wegstreichen können. Zum Beispiel: Erst am vorletzten Abend ist uns aufgefallen, dass eine Aufzählung an Personen nicht gepasst hat mit der Zahl, die kurz davor gegeben wurde.

Michael mag Tiere, Theater, Pflanzen und Bücher. Kein Wunder, dass wir uns verstehen.

15. 14. Was möchtest Du noch erzählen, wonach ich sträflicher Weise nicht gefragt habe?
Was du vergessen hast: Wie ich zu dem generischen Femininum in „Die Tote in der Tränenburg“ stehe oder generell meine Haltung zu der „weiblichen Form“ im Text. (Kurze Anmerkung hierzu: immer, wenn eine allgemein Aussage getroffen oder ein Plural benutzt wird, habe ich die weibliche Variante gewählt, also z.B. „Das geht keine etwas an“ oder „Das Heim fünf Angestelltinnen“.)
Tatsächlich finde ich es cool. Natürlich bedeutet es auch sehr viel Arbeit und genauso viel Investition an Zeit, aber es ist ein interessantes Gedankenexperiment (also das Setting und dadurch die Sprache). Da kommt ein bisschen der Linguist in mir durch, wenn ich dann auch etwas ändere oder anpasse: Z.B. „jung“ zu streichen, weil es vom Jungen kommt (also die Vorstufe zum Mann). Und es lässt einen selber darüber nachdenken, wie viel in unserer Sprache eigentlich generisch männlich ist. Was ich nicht schlimm finde, denn ich bin eher ein Vertreter des männlichen Generischen, vor allem *, Innen, oder meiner Meinung nach besonders schlimm, -nde(r)“ (Lehrender z.B.). Auch finde ich, muss man nicht immer das lesen, was man kennt und wie man selbst ist. Ich hatte da neulich eine Debatte via Twitter, ob man das eher lesen will, was einen selbst widerspiegelt. Das verneine ich nämlich, es ist auch schön so etwas zu lesen, aber genauso möchte ich über Frauen lesen, die was weiß ich was tun. Wichtiger finde ich, dass es gut lesbar ist und dass es interessant ist. Im besten Fall kann man sich mit dem Protagonisten identifizieren. Aber auch das muss meiner Meinung nicht sein. Dabei belasse ich es auch, weil das ist eine riesige Debatte.
Diesen Satz „Was ich nicht schlimm finde, ich bin eher ein Vertreter des männlichen Generischen vor allen *, Innen, oder meiner Meinung nach besonders schlimm, -nde(r)“ (Lehrender z.B.).“ verstehe ich nicht: Bist Du jetzt dafür oder dagegen? 😀
Für das generische Maskulinum mit natürlich einer Genderisierung, wenn konkret jemand angesprochen wird. Das bevorzuge ich (in der normalen Sprache) vor dem *, und so weiter. Sprache muss auch aussprechbar sein, deswegen finde ich das mit dem * z.B., auch wenn die Idee gut ist an sich, etwas schwierig.
Alles klar. Ich danke Dir für das Interview, lieber Michael, und für diese interessanten Einblicke in das Leben eines Lektors.
Und noch einmal vielen Dank für Deine tolle Arbeit!

15 hoffentlich nicht quälende Fragen an Lektor Michael Krumm, Teil 1/2

Er ist jung, intelligent und hat mich eine Weile am Hals: Michael Krumm lektoriert live und manchmal auch in Farbe meinen Fantasy-Krimi „Die Tote in der Tränenburg“ für den Verlag „ALEA LIBRIS“. Dabei korrigiert er nicht nur meine Rechtschreibfehler, sondern kümmert sich auch um Logik, Spannung, Aufbau … um alles. Grund genug, ihm mal ein paar Löcher in den Bauch zu fragen. 🙂

Hier ist Teil 1 des Interviews, Teil 2 folgt in Kürze:

1. Hallo Michael! Stell Dich bitte kurz vor: wer bist Du, was machst Du usw.

Mein aktueller Lektor. Der es definitiv nicht immer leicht mit mir hat.


Also, ich bin Michael Krumm, bin Lehramtsstudent in Tübingen für Englisch und Ethik. Dementsprechend kann sich jetzt jede Person denken, was sie mag. Ich möchte den Beruf ausführen, denn er macht mir Spaß trotz aller Widrigkeiten. ;P Neben dem Studium, dem Lektorieren, bin ich vor allem im Theater aktiv. Das heißt konkret: Ich agiere selber als Schauspieler, bin aber auch im Hintergrund aktiv als Master of Props, generell baue ich ab und zu Requisiten (von kleinen Sachen wie Sanduhren, zu LARP-Sensen, zu Türen [ein paar Sachen davon kann man auf Instagram @michaelkilo2 sehen]), organisiere Kostüme. Ich mache aber auch oft Make-Up-Designs und technische Sachen, wie Licht hängen und das Ausleuchten während einer Aufführung. Außerdem und führe ich noch Regie. Das letztere primär bei den Ghostreaders, eine Dramatic-Reading-Gruppe in dem Brechtbau-Theater in Tübingen (https://danielakuester.github.io/TheGhostreaders/, bzw. über Twitter, Facebook, Instagram: @theghostreaders). Wir führen da Dramatic Readings auf, meistens sind das dann Novellen und Kurzgeschichten von Autoren, angefangen hat es mit „Das Einhorn, der Zombie und ich“ von Michaela Harich. Sicher wird sich jetzt die ein oder andere Person fragen, was das heißt: Wir lesen die Texte vor mit unterschiedlichen Rollenverteilungen, unterschiedlichen Stimmen, Requisiten und Kostümen (Beispiele dafür kann man auf Instagram sehen ;P). Wir spielen auf Deutsch und auf Englisch, bspw. Hatten wir im Dezember 2018 „Christmas Stories by Charles Dickens“ auf Englisch. Dieses Jahr wird es wieder so etwas geben: Criminal Christmas (Geschichten mit Holmes, evtl. eine von Agatha Christie und weitere)., aber auch im nächsten Semester bei den Provisional Players– eine weitereTheatergruppe im Brechtbau-Theater, bei der ich angefangen habe. Die Provis findet man auch auf Twitter, Instagram, und Facebook: @provisionalplayers. Gespielt wird dort rein englisches Theater, von Shakespeare bis modernen Stücken wie „Black Comedy“. Im Wintersemester 2019/2020 werde ich zum Beispiel „Twelfth Night/What you will“ des guten Shakespeares aufführen.

2. Wie wird man Lektor bei „ALEA LIBRIS“?
Haha, ganz einfach: Ich kenne Michaela Harich persönlich aus dem Studium. Dadurch, dass ich mich durch unser gemeinsames Hobby, das Spielen, sehr gut mit ihr verstehe und sie mittlerweile eine meiner Wahlschwestern ist, ist der Kontakt natürlich sehr konstant. Und da kam sie irgendwann auf mich zu, ob ich nicht vielleicht lektorieren möchte, denn sie weiß, dass ich ein kleiner Grammatikverfechter bin. Naja, da sie ihren eigenen Verlag hat, den Alea Libris-Verlag, bin ich nun dort gelandet.

3. Verrätst Du, wie viel Du verdienst?
Sehr ambige Frage. Generell bin ich jetzt kein Mensch, der so etwas verschweigt, aber in diesem Fall schweige ich ;P Grund: Ich bin mir selber nicht 100% sicher, und bin zu faul nachzuschlagen.
War ja klar. ^^

4. „Die Tote in der Tränenburg“ ist das erste Buch, das Du lektorierst. Ist es so, wie Du erwartet hast? Besser? Schlechter?
Da ich erst einmal an jeden Auftrag mit einer eher neutralen Haltung herangehe, ist es besser als erwartet. Ich lass mich immer überraschen und bin definitiv zufrieden mit dem, was ich da zu lesen bekomme. Es macht jedes Mal Spaß ein neues Kapitel kennenzulernen und dann danachüber den Text zu gehen, zum Lektorieren.

Macht ganz schön viel Theater, dieser Mann …

5. Mal ehrlich: Wie oft musst Du Rechtschreiberegeln nachschlagen?
Tatsächlich nicht so oft, in den meisten Fällen weiß ich es aus dem Kopf. Was tatsächlich nicht in meinen Kopf will, und was ich immer nachschlage, ist die wörtliche Rede, zumindest am Anfang. Mittlerweile mache ich es nur um sicherzugehen. Nur bei mir nicht geläufigen Wendungen schlage ich definitiv nach. Oder, wenn ich so lange vor einem Satz hocke, dass ich mir selber nicht mehr sicher bin. ;P

6. Was möchtest Du werden, wenn Du groß bist? 😉
Lehrer, ich mein darauf studiere ich ja. Mein absoluter Traum ist es zwar zu schauspielern, aber ich finde, dass das eher mein Hobby sein sollte.
Also wirst Du später mal an Deiner Schule eine Theater-AG betreuen?
Ich würde es definitiv machen, aber würde auch weiter, wenn möglich in Tübingen, Theater spielen. Aber für die Theater-AG würde ich vorher noch so etwas wie Theaterpädagogik zumindest als Seminar machen.

7. Hat man als Lektor erst mal Angst, bevor man „seinen“ Autor kennenlernt?
Angst nicht, ich würde eher sagen Respekt. Denn da traut sich jemand etwas zu schreiben, in dem die Person auch teilweise von sich etwas preisgibt. Tatsächlich bin ich eher neugierig, wer hinter diesen Texten steht. Die einzige Angst, in dem eigentlichen Sinne, hatte ich, dass man sich nicht versteht, denn das ist durchaus hinderlich.
Stimmt. Aber Respekt? Mist, wenn ich das geahnt hätte. 😀
Tja, da siehste mal ;P

8. Schreibst Du auch selbst?
Nicht öffentlich, ich hatte in meiner Jugend Gedichte geschrieben und einmal etwas angefangen zu schreiben, aber da bin ich schon lange nicht mehr hinterher, auch wenn die Idee immer noch im Kopf herumschwirrt.
Wie ist das denn bei Deiner Theatertruppe: Es würde sich ja anbieten, da mal etwas für zu schreiben, vielleicht eine kleine Szene für den Anfang …?
Das ist eine Idee, aber primär sind die Ghostreaders für den Spaß an der Freude da und um anderen neue Lektüre näher zu bringen. Auf Deutsch und auf Englisch natürlich. ;P

Zwei Monitore und ein Groot: So arbeitet es sich anscheinend recht effektiv.

9. Durftest Du Dir dieses Buch aussuchen? Falls ja: Warum hast Du dieses gewählt? Falls nein: Bist Du zufrieden?
Aussuchen nicht direkt, mir wurde der Auftrag gegeben mit der Frage, ob ich es lektorieren möchte. Also aussuchen im Sinne von Ja/Nein, aber nicht aus einer Auswahl von Aufträgen. Ich bin definitiv zufrieden. Es wäre auch etwas, was ich so lesen würde, dementsprechend macht es natürlich Spaß es zu lesen. Und menschlich passt es ja auch, meiner Meinung nach, das hilft extremst.
Menschlich muss es halbwegs passen, das stimmt. Was aber würdest Du tun, wenn Du ein Buch lektorieren solltest, das Du total schrecklich findest?
Es würde natürlich etwas die Begeisterung stutzen, aber ich würde es trotzdem durchgehen und schauen, dass ich es soweit hinbekomme, dass es wesentlich besser lesbar ist oder weniger problematisch. Wichtig ist natürlich, dass am Ende der Leser und der Autor glücklich sind. Und darum geht es mir primär. Und eventuell kann man dadurch das Buch ja retten, wenn die Idee gut ist.

 

Teil 2 des Interviews: *KLICK*

Was sein muss, muss sein

Ende

Gibt es etwas Schöneres, als dieses kleine Wort unter einen Roman zu setzen?

Die monatelange Planung hat ihren Zweck erfüllt, die vielen vielen Wochen, an denen man Tag für tiefen Nacht vor dem Bildschirm gesessen und eventuell Mitbewohner mit dem ständigen Tastaturklackern in den Wahnsinn getrieben hat, haben sich gelohnt: Blut, Schweiß, Tränen und jede Menge Herzblut haben sich auf geradezu magische Weise auf dem Bildschirm zu einer Geschichte, zu einem ganzen Buch zusammen gesetzt.

Ende

Jetzt heißt es durchatmen, verschnaufen, ausruhen. Die kreativen Akkus wieder aufladen, sich wieder mit Freunden treffen, überhaupt wieder am sozialen Leben teilnehmen, überhaupt mal wieder vor die Tür gehen. Schreibphase beendet:

Ende

Und natürlich dann DER Check schlechthin: wie man bei einem Neugeborenen Fingerchen und Zehen zählt, so zählt die stolze Autorin natürlich Wörter und Zeichen. Beziehungsweise lässt zählen. Schön ist das

Ende

Doch nach einiger Zeit wohligen Stolzes schleicht sich ein ganz anderer, erschreckender Gedanke ein: Das ist noch nicht das Ende!
Der Roman mag zuende sein, die Arbeit ist es aber noch lange nicht; vielmehr steht die noch ganz am Anfang!
Denn zwischen Verlagssuche oder Abgabe an einen Verlag und das Wörtchen „Ende“ haben die Götter noch etwas anderes gesetzt.
Eine winzige Kleinigkeit?
Wohl kaum!
Eher einen riesengroßen, monströsen Giganten! Und sein Name ist „Überarbeitung“!

Allein der Gedanke daran bringt mich mehr zum schaudern als Freddy Krüger, mehr zum Seufzen als der Anblick des vollen Wäschekorbes und ermüdet mich mehr als 20 Minuten auf dem Crosstrainer.
Die Überarbeitung.

Kann man es denn nicht jetzt einfach gut sein lassen? Sich zurücklehnen und eine wohlverdiente Pause einlegen? Das Ding einfach abschicken und gut ist? Wozu gibt es denn das Korrektorat und das Lektorat? Dafür hat der Verlag doch schließlich extra Leute, oder etwa nicht? Also muss ich, ICH, ich armes Schriftstellerchen jetzt wirklich ernsthaft und ohne Witz NOCHMAL da dran

Ja.

Es gibt Dinge, die macht man. Man spült die Plastikdose, bevor man sie dem Nachbarn zurückgibt, man räumt die Wohnung auf, bevor Besuch kommt, man zieht sich zu einem Vorstellungsgespräch ordentlich an UND man überarbeitet sein Manuskript, bevor man es einem Verlag oder einer Agentur zeigt. So ist das. Punkt.

Eine unbearbeitete Seite mit 0 Fehlern. Wunderschön, doch leider sehr, sehr selten.

Ich hatte schon ein paar Mal über Fehler und wie sie entstehen berichtet. (Etwa hier: *KLICK*) Es mag Menschen geben, die fehlerfrei tippen könne – ich gehöre nicht dazu.
Nein, das muss ich anders ausdrücken: Wenn man im Schreibmodus ist, dann passieren Vertipper. Weil man schnell schreibt und weil es um die Geschichte geht; Rechtschreibung ist da nichtmal zweitrangig!
Natürlich könnte ich fehlerfrei tippen. Dann müsste ich aber primär darauf achten, was zu Lasten der Geschwindigkeit und der Geschichte gehen würde. Und während eines Schreiblaufes korrigieren? Tödlich, lasst das bloß sein!

Beim Tippen passieren Fehler, die man handschriftlich nie machen würde. Derjenige, der das erste automatische Rechtschreibüberprüfungsprogramm erfunden hat, sollte einen Nobelpreis bekommen, ehrlich. Dennoch reicht es leider nicht aus, F7 zu drücken und seinen Text damit durchzugehen. Ich empfehle immer, sich das Manuskript auszudrucken. Viele Menschen sehen auf Papier einfach anders, als am Bildschirm. Ich auch.

Ich gehe dann so vor: Ich teile mir den Textausdruck in sechs Stapel, die ich jeden für sich abhefte. So zerkleinere ich diese Mammutaufgabe und habe nicht immer so einen riesigen, mutlos machenden Riesenstapel vor mir liegen. Stattdessen hübsche kleine Häppchen. Ja, solche kleinen Psychotricks funktionieren tatsächlich! 🙂
Und dann geht es los: Gemütlich aufs Sofa, einen Stapel und einen grünen Stift.
Einen grünen Stift? Zum Fehler anstreichen?
Natürlich! Farbpsychologie vom Feinsten: Rot würde ja bedeuten, dass ich etwas schlecht gemacht habe. Aber das Gegenteil ist ja der Fall: ich arbeite das Manuskript durch, um es zu verbessern!
Also grün: jeder Treffer ist ein Erfolg!
Und so fühlt es sich auch an, wenn man wieder einen Stapel durchkorrigiert hat.

Nach dieser zugegeben nur beschränkt unterhaltsamen Arbeit kommt das für mich Schlimmste von allem: die Rückübertragung der Korrekturen via PC! Ahrg!

So sieht es im Schnitt aus, wenn ich eine Seite durchgearbeitet habe.

IMMER rückwärts übrigens, also mit dem letzten Stapel beginnen.
Wieso?
Weil sich sonst zu viel mit der Zeit verschiebt – man ergänzt oder schreibt ja auch schonmal ganze Sätze oder Passagen – und man dann am Monitor viel zu lange suchen muss, um die richtige Textstelle zu finden

Viele Autoren schwören darauf, zwischen „Ende“ und der Überarbeitung einige Monate verstreichen zu lassen. Weil man dann eine Distanz zum eigenen Text hat, nicht mehr „drin“ ist und so einen besseren Blick für eventuelle Fehler und Schwächen hat. Das ist absolut logisch, macht Sinn, und ich empfehle das jedem. Allerdings bin ich selbst viel zu ungeduldig dafür, 😀

Wichtig ist übrigens auch, sich Fragen, Ideen, Anmerkungen oder Dinge, die man nochmal überprüfen muss, IMMER aufzuschreiben! Verlasst Euch bloß nicht darauf, dass es Euch zu gegebener Zeit schon noch wieder einfällt …

Ich selbst notiere so etwas immer auf der letzten Seite des jeweiligen Stapels – und hake sie ab, wenn sie erledigt sind. Das ist einfach, aber effektiv

So, und nun Butter bei die Fische:
Wie viele Fehler habe ich wohl bei meinem Manuskript, welches aus ca. 100.000 Wörtern und über 600.000 Zeichen besteht, gefunden und korrigiert?
5.
Pro DIN A4-Seite.
5 Fehler pro Seite sind nicht viel.
Aber von denen gibt es 270.
Ahrg.

Worst case: Eine Seite zum fürchten!

Man rechne das gerne hoch: über 1.000 Fehler und Fehlerchen – und sicher tummeln sich noch so einige unentdeckte in dem Manuskript. So aber kann ich meine Geschichte nun mit 1.000 Fehlern (!) weniger vorzeigen. Da hat sich die Arbeit doch gelohnt, oder?

Nochmal an die Schreiber unter Euch: Wenn Ihr so weit gekommen seid, hängt Euch nochmal richtig rein! Es ist hart, keine Frage, und man hat auch wirklich keine Lust mehr – also nutzt alles, was Euch motiviert (so wie mich das Beitragsbild)! Arbeitet mit Belohnungen, macht es Euch so komfortabel wie möglich. Und dann rafft Euch ein letztes Mal auf und zieht es durch! 🙂

Zum Abschluss hier noch meine diesmaligen Lieblingsfehler, die leider kein Rechtschreibüberprüfungsprogramm finden kann, sondern nur ein Mensch:

  • Er holte eine Falsche Schnaps
  • Das menschliche Zugsamenleben (Jetzt fragt mich bitte nicht, wie dieses Wort zustande kam, ich weiß es echt nicht, :D)
  • (…) wie er ab und zu mit einem bitteren Lächeln lachte.
  • Genknäuel
  • Mit gerechtem Kinn
  • Im Stollen gab er ihm Recht
  • Genua da!

Ende