Bonusgeschichte (Magret und Frenja)

(Geschrieben für und zuvor veröffentlicht in: Der Flash-Fiction-Adventskalender 2020 der AdventAutoren, Facebook, initiiert von Juliane Schliesel und Michaela Harich)

Feierabend

Ein heißer Met ist jetzt ganz genau das, was ich brauche. Leider ist hier heute die Teufelin los und der schnuckelige Kellner ist zu beschäftigt, um meine verzweifelten Handzeichen zu entdecken.
Am Nachbartisch diskutieren drei Damen angeregt – und ignorieren vollkommen die verheißungsvoll dampfenden Becher vor sich. Es war ein verdammt harter Tag und ich erwäge kurz, mir einen Met zu mopsen.
Aber wirklich nur ganz kurz. Immerhin bin ich eine Goldene Gardistin und wache als solche über diese Stadt und die Einhaltung der Gesetze. Da sollte ich mich schon selbst dran halten.
Es ist einfach frustrierend: Hätte ich eine Magie wie Greta aus der Buchhaltung, die ihre Bestellung via Übertragungsmagie direkt auf den freien Unterarm des Kellners projiziert, könnte ich auch ganz einfach auf mich aufmerksam machen.
„Magret, hier steckst du!“
Kaum habe ich Marion, die Wirtin meines Stammlokals, erkannt, als sie mich auch schon mit sich zieht. Dank ihrer Magie kein Problem – in diesen zweifelhaften Genuss durfte schon so manche betrunkene Pöblerin kommen.

Im Hinterzimmer angekommen lässt sie ihre Magie fallen.
„Da!“, sie deutet auf eine aufgeploppte Kommunikationsblase, „Fran ist dran!“
Ich danke Marion und wende mich dann an das feixende, von der Blase leicht verzerrte Gesicht meiner Mitbewohnerin.
„Was gibt`s? Ich wollte mir gerade etwas zu trinken bestellen!“
„Du trinkst eh viel zu viel“, lautet Frans ungnädige Antwort. „Außerdem waren wir verabredet. Ich wollte kochen, schon vergessen?“
Mist, ja!
„Was gibt es denn?“, frage ich in der vagen Hoffnung, dass sie nur irgendwas Fertiges vom Hausmannsmarkt geholt hat. Das schmeckt auch aufgewärmt, da könnte ich locker noch auf ein paar Gläschen bleiben. Doch Frans stolzes Lächeln vernichtet meine Hoffnungen.

„Also. Da hätten wir butterzartes Fleisch, entnommen dem saftigen Schinken glücklicher Schweine der Höfe vor Annaburg. Sorgfältig in mundgerechte Stücke geschnitten. Knusprig angebraten auf höchster Flamme, auf niedrigster Stufe behutsam durchgegart und verfeinert mit schonend getrockneten Kräutern von den sonnigen Hängen der südfranzösischen Provence.
Dazu geschmorte Champignons und fein gestiftelte Möhren. Das Ganze an einer deftigen Soße aus den edelsten Kräutern: Kristallklares Salz, pfeffriger Estragon, taufrische Petersilie, kräftiger Majoran sowie eine Prise aromatischen Thymians, harmonisch verbunden durch einen Schuss rahmiger Sahne.
Fruchtig-leichten Kontrast bietet ein knackfrischer Salat an einer süß-herben Balsamico-Himbeer-Vinaigrette. Dazu frisch geerntete, tiefrote Erdbeeren, auf den Feldern unserer geliebten Heimat von der Sonne geküsst.
Als Beilage Knödel aus den goldensten Erdäpfeln, vollmundig und pikant, verfeinert mit knusprigen Röstzwiebeln und Speck. Schonend gekocht, geschnitten und in feinstem Weizenmehl gewendet. In der Pfanne knusprig gebraten und mit einer frisch aufgekochten Gemüsebrühe abgelöscht.
Den süßen Abschluss bildet eine cremig gerührte Milchspeise mit knackfrischen Kirschen, die Deinen Gaumen und Dein Herz erfreuen werden!“

Mit Fran ist definitiv nicht vernünftig zu reden, wenn sie den Hausmann in sich entdeckt. Dennoch kann ich mir eine kleine Stichelei nicht verkneifen.
„Also gibt es Gulasch mit Knödeln und Salat und zum Nachtisch Joghurt?“
„Ja. Und jetzt schwing Deinen Hintern nach Hause.“
Sie streckt mir die Zunge heraus und lässt die Kommunikationsblase platzen.
Seufzend mache ich mich auf den Weg nach Hause.