Wie bereitet man eine Lesung vor?
Natürlich meine ich damit nicht, was man anziehen soll (etwas Vernünftiges) oder wann man erscheinen sollte (überpünktlich), es geht um die inhaltliche Vorbereitung.

Es gibt 4 elementare Dinge, die dabei eine Rolle spielen: Der Rahmen der Lesung, das Lesen an sich, die Dauer der Lesung und die Frage, welche Textestellen man liest.
Nachtrag: Ich werde auch noch etwas zu Problemen bei einer Lesung schreiben.

1..Der Rahmen der Lesung
Checkliste in wilder Reihenfolge:
a) Wann findet die Lesung statt?
b) Wo findet die Lesung statt?
c) Was für eine Art Lesung ist es?
d) Aus was für Menschen wird das Publikum wohl bestehen?
e) Liest man allein?
f) Ist es eine „Verkaufslesung“ oder eine „Spaßlesung“?

Die ersten Punkte haben direkten Einfluss auf die Art des Textes, den man liest. Der erste Gedanke ist natürlich immer, aus seinem Buch vorzulesen. Es gibt Autoren, die auch tatsächlich „nur“ Romane schreiben. Ebenso gibt es solche, die „nur“ Kurzgeschichten schreiben. Beides ist vollkommen in Ordnung, aber man sollte sich schon die Frage stellen, ob der jeweils gewählte Text auch zu der Art der Vorlesung und zum Ambiente passt.

Ein Beispiel aus der Praxis:
Es ist nicht so lange her, dass ich bei einer wunderbaren Veranstaltung, dem „Lesen am Tresen“ im Don, einer lippstädter Bar lesen durfte. Das Ganze fand an einem Freitag Abend statt. Die Zuhörerschaft bestand aus überwiegend (aus meiner Perspektive :D) jungen Leuten. Die Stimmung war toll und da man für die Veranstaltung auch Eintritt zahlen musste, konnte man getrost davon ausgehen, dass zumindest die meisten einem auch zuhören würden. Jeder sollte 10-15 Minuten lesen dürfen.
Sobald ich die Wörter „Lesung“ und „10 Minuten“ höre, denke ich automatisch an die Kneipenszene aus „Hexenherz – EZ“, eine meiner Lieblingsszenen, die leicht gekürzt ein wunderbares 10 Minuten-Stück ergibt. Außerdem – so dachte ich – würde sie ja auch inhaltlich zu der Lokalität passen. Vom Inhalt her ist die Textstelle halb ernst, halb amüsant, also passt schon!

Ich hatte allerdings vollkommen unterschätzt, dass es Freitag Abend ist und die Leute einfach Spaß haben wollen! Ich hatte ein tolles Publikum und viel Applaus, aber im Nachhinein habe ich mich geärgert und gefragt, ob ich mit einer Kurzgeschichte nicht wesentlich besser gefahren wäre. Wenn man aus einem Roman vorliest, hat man meistens nur zwei Möglichkeiten: Man liest den Anfang vor oder man liest mitten aus dem Buch. In dem Fall müsste man den Zuhörern dann erst etwas erklären. Möchte man das bei einer solchen Veranstaltung?
Versteht mich nicht falsch, es war supertoll und vor allem die Slammer grandios! Aber das nächste Mal wähle ich meinen Text geschickter aus. Eine Kollegin hatte etwa eine lustige Kurzgeschichte gelesen und ein Kollege amüsante und intelligente kleine Reime – ebenso wie die Slams war das perfekt für so einen Abend!
Natürlich hat man gerade als Debütant das Bedürfnis, erst einmal das Buch zu „pushen“. Ob das aber immer so klug ist und ob man nicht doch besser manchmal auf einen anderen Text ausweicht und so zeigt, dass man allgemein gut schreiben kann, muss man eben schauen.

Die (Lese-)Bühne im DON. Erst lasen wir davor und dann – mit Kletterei – dahinter. War ein toller Abend – Danke an Maximilian, Ronja sowie das gesamte DON-Team, alle Mitvortragenden und das tolle Publikum! 🙂

Die Frage, ob man allein liest oder nicht ist natürlich elementar. List man zusammen mit Kollegen und Kolleginnen, muss man logischer Weise die Lesereihenfolge beachten. Man könnte sowohl stundenlang darüber diskutieren, welcher Leseplatz der strategisch beste ist, aber das habe ich mir immer schon gespart. Ich denke, am wichtigsten sind Stimmigkeit und gute Laune! Daher frage ich stets, ob einer freiwillig „eröffnen“ möchte. Je erfahrener ein Autor oder eine Autorin, desto besser könne sie in der Regel das Publikum begrüßen und die ganze Lesung einleiten. Und davon profitieren dann alle.

Im Idealfall ist das Motto der Lesung irgendwie vorgegeben, sei es thematisch (Z.B. „Unheimliche Geschichten“) oder nach Genre (z.B. Fantasy, Krimi). Hier kann es Sinn machen, das Lesungsprogramm möglichst abwechslungsreich zu gestalten, also thematisch ähnliche Geschichten oder Texte mit Abstand lesen zu lassen.

Wenn einfach „nur“ aus verschiedenen Büchern gelesen wird, ist es umso wichtiger, sich vor dem Lesen vorzustellen und so den Zuhörern die Möglichkeit zu geben, das soeben gehörte kurz zu „verdauen“ und sich auf die nächste Lesung einzustellen. Kurze Pausen sind immer besser als eine hastige Abfolge. Nach längeren Texten würde ich generell eine kurze Pause einlegen. Wir alle wissen wohl noch aus Schulzeiten, dass langes Zuhören am Stück ermüdend ist. 20, maximal 30 Minuten sind unsere Komfortzuhörerzeit, aber darauf gehe ich noch ein.

Eine meiner bislang coolsten Locations: Ein Kino! Links die Zuschauerplätze, rechts die Bühne.

Bliebe die letzte Frage: Liest man aus Spaß oder um seine Bücher zu verkaufen?
Beides natürlich, 😀
Liest man außerhalb einer Messe, sollte man immer versuchen, sich einen Büchertisch oder etwas in der Art zu organisieren, wo man seine Bücher ausstellen und verkaufen kann. Meiner Erfahrung nach ist es von großem Vorteil, wenn man auch Visitenkarten, Lesezeichen oder Ähnliches zum kostenlosen Mitnehmen anbietet. Viele Menschen kommen zu einer Lesung, um einen schönen Abend zu haben und nicht unbedingt, um etwas zu kaufen. Oder sie wollen in Ruhe überlegen, ob und wenn ja welches Buch sie kaufen möchten. Da kann eine Gedächtnisstütze nicht schaden. 😉

Zusammenfassung:
– Die Natur der Lesung würdigen
– Sich mit den anderen Vorlesern abstimmen
– Nicht zu lange am Stück lesen
– Bücher zum Verkauf und Visitenkarten/Flyer zum mitnehmen auslegen

Im nächsten Teil geht es dann um das Vorlesen an sich. 🙂

Kategorien: Schreibtipps