Zugegeben, der Titel klingt etwas reißerisch, aber das muss auch mal sein. Tatsächlich habe ich „Der Fluch des zweiten Buches “ gegoogelt und dazu nur wenige Beiträge gefunden. Aber interessante, wie eine Rezension auf „wasliestdu.de“ (https://wasliestdu.de/rezension/der-fluch-des-zweiten-buches-nach-dem-welthit) oder den sehr interessanten Blogbeitrag einer preisgekrönten Phantastik-Autorin namens Theresa Hannig (https://theresahannig.de/2017/11/08/der-fluch-des-zweiten-teils/).

Aus diversen Gesprächen mit Kollegen und Kolleginnen weiß ich, dass dieses Thema fast jedem Schreierbling einmal begegnet. Daher schreibe ich jetzt selbst einen Beitrag dazu.

Worum geht es?

Wer das zweite Buch geschrieben hat, darf stolz auf sich sein; dennoch ist es ein bisschen so wie mit dem Kinder bekommen / Vater werden: beim ersten ist das ganze Umfeld noch völlig aus dem Häuschen, es ist einfach ein lebensveränderndes Ereignis: Danach ist nichts mehr wie zuvor, und die eigene Identität hat definitiv – mindestens – einen kräftigen Zusatzaspekt bekommen.
Beim zweiten Kind, nun, da wird sich auch von außen mitgefreut, klar, aber nun ja, man ist ja schon Eltern, hat die Transformation bereits vollzogen, und ob da jetzt noch eins kommt, oder zwei, oder drei … nun ja.

Ähnlich ist es bei Büchern, das merkt man spätestens, wenn die Verkaufszahlen von Nummer 2 zurückgehen, weil die ganzen „Ich kaufe mal das Buch, um zu schauen, ob die/der überhaupt etwas kann!“-Käufe fehlen.

Mein erster Roman: Das beste Buch, das ich je geschrieben habe!

Trotzdem – und das sage ich ganz bewusst! – ist das zweite Buch eine große Sache. Zwischen dem ersten und dem zweiten Werk liegt für eine/n Autor/in nämlich wieder eine Hürde, für Außenstehende vielleicht unsichtbar, aber deshalb nicht weniger vorhanden.
An dieser Hürde scheitern viele, sei es, weil sie feststellen mussten, dass sie mit den Schattenseiten des Autorendaseins nicht zurecht kommen, oder dass sie wirklich nur diese eine gute Idee hatten. Natürlich kann es auch zig andere Gründe geben, wieso es bei so vielen bei einem einzigen Buch bleibt. Sehr oft ist das sehr schade.

Nun aber zurück zum vollendeten zweiten Werk:
Die Begeisterung des Umfeldes ist jetzt wie gesagt einen Hauch schwächer als beim Erstwerk, die Chance, sofort voll durchzustarten und DAS Überraschungsbestsellerdebüt des Jahres zu schreiben, ist vertan und überhaupt geht es spätestens jetzt nur noch mit eiserner Disziplin weiter. Hat man am ersten Buch noch gerne ein paar Jahre rumgebastelt, ist das jetzt nicht mehr drin, heißt es, weil man dann von den Lesern/innen vergessen wird.

Nun ist es also da, das zweite Buch, der zweite Roman.

So geschah es recht schnell, dass sich Menschen zu meinem zweiten Buch äußerten. Neben Lob und Kritik fiel auch bald der Satz: „Aber ich fand das jetzt nicht so gut wie das erste Buch.“

Ahrg.

Als Schriftstellerin und Mensch war mein erster Impuls, das neue Buch zu verteidigen. Und dem Kritiker leicht empörte Fragen zu seiner Meinung zu stellen. Dann schaltete sich jedoch zum Glück mein interner Kritikfilter ein und meldete: „Absolut legitime Äußerung – kein Problem!“
Und so ist es auch

Egal, ob Einzelwerk oder Fortsetzung, und egal ob man will oder nicht, es wird von vielen Lesern/innen am Erstwerk gemessen.

Warum eigentlich?
Als Leserin ist mir das vollkommen klar: Ich habe ein tolles Buch gelesen und warte gierig auf neues Lesefutter dieses/r Autors/in. Ich habe eine bestimmte Erwartungshaltung, die nicht weniger sagt als: „Buch 1 war toll, ich kaufe Buch 2, das soll gefälligst genauso toll sein!“
Was folgt ist logischer Weise eine enttäuschte oder zufriedene Leserin.
Erst neulich las ich das neuste Buch einer Lieblingsautorin. Aus meinem Urteil „Hm. Ganz nett, aber hat mich jetzt auch nicht umgehauen“ wurde tatsächlich schnell ein „Definitiv nicht so gut wie die Vorgänger – schade!“

Natürlich gibt es zu zwei verschiedenen Büchern verschiedene Meinungen; ich habe ja nicht dass selbe nochmal geschrieben!

Was möchte man eigentlich hören?

Mein zweiter Roman: Das beste Buch, das ich je geschrieben habe!

Was wäre die Alternative, die mich als Schriftstellerin glücklich machen würde?
Jeder findet alle Bücher von mir megaklasse, klar, 😀
Aber wäre es mir tatsächlich lieber wenn jemand sagt: „Du, das Buch ist ja noch besser als das Erste!“?
Sollte man meinen, der Mensch strebt ja nun danach, sich immer weiter zu entwickeln und Fortschritte zu machen, sich zu verbessern, doch als der Tag da war, an dem ich diesen Satz zum ersten Mal hörte, wollte ich – Ihr ahnt es schon! – sofort das erste Buch verteidigen und dem Kritiker leicht empörte Fragen zu seiner Meinung stellen.

Ich liebe sie beide, das ist die schlichte Wahrheit. Müsste ich mich zwischen den beiden Büchern entscheiden, würde ich meine beiden „Babys“ behutsam auf den Arm nehmen und demjenigen, der diese Entscheiung von mir fordert, kräftig vors Schienbein treten.

Und nun mache ich mich wieder an die Arbeit. Ich schreibe derzeit nämlich – neben der ein oder anderen Kurzgeschichte zwischendurch – parallel an zwei neuen Büchern. Die auch wieder anders werden und die ich ebenso lieben werde.
Oder anders gesagt: Der Fluch des zweiten Buches kann mich mal gern haben! Und der des dritten und vierten Buches auch!