Und weiter geht es mit dem hochinteressanten Interview mit Tim Wöhrle, der gemeinsam mit Sascha Bragulla einen fotobasierten SciFi-Comic produziert hat.
(Teil 1 des Interviews findet Ihr hier: *KLICK*)
9. Wie kann ich mir das vorstellen, wie viele Versuche braucht man, um ein Foto zu bekommen? Ich stelle mir das ganz laienhaft vor: Leute in Position, *KLICK* und fertig …
Schön wär’s. Aber man darf nicht vergessen, dass auch beim Film, wo echte Profis arbeiten, meistens etliche Takes benötigt werden, bis eine Szene gut ist. Und wir haben ja ausschließlich mit Laien gearbeitet. Manchmal brauchte es viele Anläufe, um ein Bild mit der richtigen Körperhaltung und dem passenden Gesichtsausdruck zu bekommen. Letztendlich haben wir ca. 8.000 Fotos geschossen, von denen es natürlich nur ein Bruchteil in den fertigen Comic geschafft hat.
10. Wie steht Ihr denn bislang finanziell mit Eridani: +, – oder 0?
Tatsächlich ist es
eine schwarze Null geworden. Durch den aufwändigen Druck waren die
Herstellungskosten relativ hoch, so dass nur eine kleine Marge
‚hängen blieb‘. Aber es war auch von vorneherein nicht das
vorrangige Ziel, damit großen Gewinn zu erzielen. Ich hätte es auch
gemacht, wenn ich hätte draufzahlen müssen.
Wow. O.O Das ist
ein echt beachtlicher Erfolg, meinen Glückwunsch!
11. Würdest Du es wieder tun?
Uff, ganz schwere Frage! Die Antwort ist ein klares Jein. Es war ein tolles Projekt, das unglaublich viel Spaß gemacht hat – uns selbst und auch unserem ganzen Team. Aber es war halt eben auch ein Riesenberg an Arbeit, und unzählige Stunden, die ich vor dem PC verbracht habe, anstatt ins Fitnessstudio oder raus ins Grüne zu gehen. Sagen wir mal so: Man soll niemals nie sagen, aber ich würde dann zumindest keinen mehrbändigen Zyklus mehr angehen, sondern eine Geschichte, die man in einem Band erzählen kann.
Das literarische Schreiben ist dagegen fast eine Entspannung: Ich kann mich mit meinem Laptop in ein Café oder in den Park setzen, und die Grenzen meiner Erzählung werden nur durch meine Phantasie gesetzt, nicht durch technische Beschränkungen.
12. Was würdest Du, abgesehen von der vielen Arbeit, als die größte Hürde für ein solches Projekt ansehen?
Der Zahn der Zeit. Das war etwas, woran ich am Anfang überhaupt nicht gedacht hatte. Wir reden ja über einen Zeitraum von sechs Jahren und über echte Menschen. Die verändern sich, werden älter, haben plötzlich andere Frisuren etc. Einer unserer Darsteller legte sich mittendrin einen Bart zu, den wir dann aufwändig auf den älteren Bildern hinzufügen mussten. Da ist mir erstmal bewusst geworden, was für eine Herausforderung das für Schauspieler darstellt: in Serien und Filmreihen über Jahre hinweg gleich auszusehen.
13. Hand aufs Herz: Wie genervt waren hinterher alle?
Ich fürchte, der Einzige, der zwischenzeitlich echt genervt war, war ich selbst 😉
Für unsere Darsteller war das immer ne schöne Sache – ein Fotoshooting am Sonntagnachmittag, mit Kuchen oder Wein, eine oder zwei Stunden vor dem Greenscreen, und dann wieder nach Hause. Die fanden’s alle toll, nur bei Sascha und mir sah das manchmal etwas anders aus, wenn Dinge nicht so leicht umzusetzen waren, wie wir uns das vorgestellt hatten.
14. Mal angenommen, ich würde jetzt ankommen und Dich fragen, ob Du mein Buch ver-comicen könntest … ginge das mit jeder Geschichte?
Ja. Wenn man die nötigen Ressourcen hat. Also nicht nur genügend (gute und zur Rolle passende) Darsteller und Darstellerinnen, sondern auch Kostüme, Requisiten, ein passendes Setting etc.
Was je nach Genre halt sehr aufwändig werden kann. Bei einem Krimi wäre das bestimmt leichter, als wenn man sich Die Unendliche Geschichte vornehmen würde.
Sascha arbeitet zum Beispiel zur Zeit gerade an einer Fotocomic-Adaption von ‚30 Days of Night‘.
15. Wenn mir
Eridani gefällt – welche Comics oder Graphic Novels könnten mir
dann auch gefallen?
Wenn Du damit Foto-Comics meinst, dann kann mir zwei Projekte ein, von denen jedes seinen ganz eigenen Reiz hat. „Union der Helden“ (http://www.unionderhelden.de) ist eine Superheldengeschichte, die in Dortmund spielt. Und „Night Zero“ (http://www.nightzero.com) ist ein amerikanisches Projekt mit einer postapokalyptischen Geschichte, die sich auch vor „The Walking Dead“ nicht verstecken muss!
An gezeichneten Comics und Graphic Novels gibt`s auch eine Menge, meistens aus Frankreich kommend, z.B. „Absolute Zero“ oder „Olympus Mons“, beide erschienen im Splitter-Verlag.
16. Welches ist Dein Lieblingsbild?
Aus Eridani? Uff. Nicht einfach zu beantworten, weil es davon viele gibt. Ich entscheide mich für dieses hier: das erste Auftreten von Major Buckowski, dem Antagonisten aus Band vier. Das ist so schön ikonisch. Arne, der Darsteller, hat es immer noch als Poster in seiner Wohnung zu hängen. Damit sein Mantel so dramatisch flattert, haben wir seitlich eine Schnur dran gebunden, an der ich dann immer ziehen musste 🙂
17. In „Eridani“ geht es ja ganz
schön zur Sache, da rafft es Darsteller reihenweise dahin, weswegen
Ihr die FSK-Freigabe auch auf 16 gesetzt habt …
Ja, ich
mag`s gern mal etwas härter. Sollte halt kein weiteres „Star Trek“
werden 😉
18. Ach so, wen spielt Du denn überhaupt?
Ich bin Dimitri Bennet, Erster Offizier auf der Aashwaasaan. Mein Projektpartner Sascha spielt Kommandant Mark Bennet, Dimitris Halbbruder. Sacha arbeitet derzeit übrigens wieder an einem Fotocomic (
https://www.bragulla.com/ ).
Überhaupt hab ich meine halbe Familie verwurstet: LISA, die Schiffsintelligenz, ist meine Tochter, Pearl Rothschild, die das Schiff in die Luft jagen will, meine Freundin. Und Olga Ostrojew, die Pearl überwältigt, ist meine Exfrau, was dem Ganzen eine pikante Note gab.
Aber sie haben`s beide mit Humor genommen!
19. Du schreibst ja auch – ebenfalls Science Fiction?
Nein. Ich habe mich vom Weltraum ab- und meiner Heimatstadt Berlin zugewandt. Mein erster Roman ‚Dunkelblau‘ ist ein Thriller mit Fantasy-Einschlag, bei dem ein geheimnisvoller Orden Menschen entführt und opfert, um damit (scheinbar) eine uralte Gottheit zum Leben zu erwecken. Das Manuskript habe ich gerade an die ersten Agenturen geschickt. Du kannst mir also die Daumen drücken! Mein zweiter Roman ‚Subkutan‘, den ich gerade begonnen habe, ist ein Biotech-Thriller, der in Berlin und Indien spielen wird. Also komplett unterschiedliche Genres, aber das macht ja auch den Reiz des Schreibens aus!
Vielen Dank für dieses total interessante Interview, lieber Tim!
Wer Lust auf das Eridani-Projekt bekommen hat, findet die ersten drei Bände als Webcomic, Infos und jede Menge Hintergrundmaterial unter http://eridani-projekt.de/
Ihr könnt euch auch direkt an Tim wenden unter tim@eridani-projekt.de
Die Eridani-Bände im Überblick:
Band 1: Die Ankunft (40 Seiten)
Band 2: Die Station (42 Seiten)
Band 3: Der Planet (46 Seiten)
Band 4: Der Verrat (56 Seiten)
1 Kommentar
Von Foren und Autor(inn)en | Eridani-Projekt · März 25, 2019 um 6:18 am
[…] Rezension SciFi-Horror-Comic „Eridani“ Nicht zeichnen können, aber Comics machen – 19 Fragen an Autor Tim Wöhrle, Teil 1 Nicht zeichnen können, aber Comics machen – 19 Fragen an Autor Tim Wöhrle, Teil 2 […]
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